Kinderinteressen marginalisiert
Da liegt das Problem noch tiefer: Kinderinteressen werden nicht nur marginalisiert, sondern oft gar nicht erst thematisiert – es sei denn, es geht darum, was man ihnen hinterlassen wird. Ein durchschaubares Narrativ, das Verantwortung auf spätere Generationen abwälzt und gleichzeitig den eigenen politischen Kurs legitimiert.
Ob in Wahlprogrammen, politischen Talkshows oder Sonntagsreden: Kinder tauchen fast ausschließlich als zukünftige Erben eines Systems auf, das längst auf Verschleiß gefahren wird. Ihre Bedürfnisse im Hier und Jetzt? Kaum ein Thema. Bildungsinvestitionen? Ständig gestrichen. Kinderarmut? Randnotiz. Gesundheitsversorgung für junge Menschen? Zweitrangig. Stattdessen geht es um Rentenniveau, Steuererleichterungen oder Subventionen für Wählergruppen, die heute politisches Gewicht haben.
Das perfide daran: Indem Kinder als passive Empfänger einer Zukunft inszeniert werden, die man ihnen hinterlässt, verschiebt sich die Verantwortung. Es wird nicht gefragt, was Kinder jetzt brauchen, sondern nur, wie man sich eines Tages selbst in den Geschichtsbüchern präsentieren möchte. Das ist nicht nur ein kommunikatives Feigenblatt, sondern ein systematisches Versagen der Politik, die sich weigert, Kinder als politische Subjekte ernst zu nehmen.
Es bräuchte klare Maßnahmen: Kinderrechte ins Grundgesetz, verbindliche Mitbestimmungsgremien, ein Ende der strukturellen Unterfinanzierung von Bildung und Sozialleistungen für Familien. Solange aber nur darüber geredet wird, was bleibt, anstatt was fehlt, bleibt Kinderpolitik nicht mehr als ein bequemes moralisches Aushängeschild – ohne Substanz.